Ostend. Eine halbe Million Mark erspielten 335 Schülerinnen und Schüler des Schulorchesters des altsprachlichen Heinrich-von-Gagern-Gymnasiums seit 1985, um krebskranken Kindern in der Frankfurter Universitäts-Kinderklinik und seit 1995 auch deren Leidensgenossen in der Jenaer Uniklinik zu helfen. Seit 29. November ist das Musikensemble der Schule, die auf drei Orchester mit insgesamt 120 Instrumentalisten zurückgreifen kann, wieder in der B-Ebene der Hauptwache präsent. Letztmals in diesem Jahr wird es dort heute von 15.30 bis 18 Uhr und am Freitag von 11 bis 14 Uhr zu hören sein. Die erzielte Summe und das soziale Engagement der jungen Musiker, ihres Dirigenten Helmut Bartel und von Schulleiter Thomas Mausbach war gestern in der Aula des Gymnasiums mit ihren ehrwürdigen Wandgemälden Anlass einer Adventsmusik-Matinee, in deren Mittelpunkt und in den Reden der Vertreter von Land, Staat, Uniklinik Frankfurt und Uniklinik Jena sowie der Frankfurter Sparkasse immer wieder jenes Selbstverständnis junger Menschen stand, das im Humanismus verankert ist.
Direktor Mausbach nannte es den Beweis dafür, wie wichtig Bildung und Musik für die Entwicklung Jugendlicher ist. Der hessische Staatssekretär Hartmut Müller-Kinet, der in Vertretung von Ministerpräsident Roland Koch Grüße aus Wiesbaden überbrachte und den Dank an die Schule, bezeichnete es als die "Kultur des Herzens". Die Landesregierung hatte in Kochs Auftrag zudem 2000 Mark für die Musikarbeit des Gagern-Gymnasiums lokker gemacht. Musikchef Bartel legte das Geld bereits für den Kauf einer Klarinette an. Für Noten legte Müller-Kinet aus Lotto-Mitteln noch 500 Mark dazu.
Stadträtin Cornelia von Plottnitz, im Stadtparlament engagierte Anwältin der Frankfurter Bildungseinrichtungen, berief sieh in ihrer Laudatio auf Hegel Herder und die Aufklärung und stellte deren Werte dem "immer rasanteren Tempo der Neuzeit" gegenüber. Um sich letztlich der Weisheit anzuschließen, dass "mitmenschliches Helfen glücklich macht und sogar das Leben verlängert". Während sich Uni-Kinderklinik-Chef Professor Thomas Klingebiel für die Schülerspenden bedankte, die ihm halfen, fünf Arbeitszimmer im Klinikum-Keller einzurichten und die Knochenmarktransplantation auszubauen dankte sein Jenaer Kollege Professor Felix Zintl für insgesamt 180000 Mark, die ihm das Engagement der Gagern-Gymnasiaten eintrug: "Wir mussten nach der Wende bekanntlich bei Null beginnen." Sparkasse-Direktor Karl-Heinz Schmidt brachte für die beiden Kinderkrebskliniken 1000 Mark mit. Die diesjährige "Weinstock"-Preisträgerin Laura Prieto halbierte ihr Geld und gab 1000 Mark an die 19-Betten-Station in Jena. Klassensprecher Karl-Friedrich Thoma aus der Fünften, in der eigentlich die krebskranke Frankfurterin Saskia Prätorius sitzen würde (wir berichteten), übergab Direktor Mausbach 200 Mark, die seine Mitschüler für sie sammelten. Das "Hänsel und Gretel"-Finale aus der gleichnahmigen Oper von Humperdinck und ein Weihnachtslieder-Medley des Schulorchesters machte die Feierstunde zum veritablen Ohrenschmaus.
Jutta W. Thomasius - Frankfurter Neue Presse vom 20.12.2001