„Mal sehen, ob wir das bis heute Abend hinkriegen!“, so äußerte sich Schulleiter Thomas Mausbach noch während der Generalprobe gegenüber seinen Schützlingen. Dabei brauchte er sich doch gar keine großen Sorgen zu machen, denn die Schüler der Klasse 6a am Heinrich-von-Gagern-Gymnasium gingen für ihr Alter bereits sehr routiniert mit den Aufgaben als angehende Schauspielerinnen und Schauspieler um: Zur Generalprobe saßen die Texte, die Herr Mausbach, der Lateinlehrer der Klasse, selbst geschrieben hat, bis auf kleine Stellen bereits perfekt und auch die gemeinsamen Lieder waren allen bekannt. Beides keine leichten Aufgaben in Anbetracht der Tatsache, dass sowohl die Texte als auch die Lieder in lateinischer Sprache verfasst waren.
Bis zum Abend des 01. April 2004 war dann aber alles bis ins Detail eingeübt und auch Juppiter wusste nun, welchen weiteren Weg er für Aeneas geplant hatte. Als schlussendlich alle Eltern und andere interessierte Zuschauerinnen und Zuschauer in der Aula Platz genommen hatten, konnte nach einer Einführung durch den Schulleiter persönlich die Musical-Aufführung beginnen. Der erste Teil zeigte das Geschehen in der Götterwelt: Juno freut sich darüber, Aeneas in Seenot zu sehen, doch Venus bittet für ihren Sohn ihren eigenen Vater Juppiter um Hilfe. Dieser beruhigt sie mit der vorbestimmten See-Route, die er ihr auf einer Landkarte verdeutlicht, doch damit gibt sich Venus nicht zufrieden: In ihrer Angst wendet sie sich an den Meeres-Gott Neptun, dem es dann tatsächlich gelingt, die Wogen zu glätten.
Der zweite Teil des Stückes beschrieb die weitere Handlung auf der Erde: Aeneas landet mit seinen Gefährten auf einem Schiff an der Küste Italiens und nach einem kurzen Intermezzo mit zwei erwartungsvollen Damen machen sich er und Brutus auf, Sibylle zu finden, damit sie ihm den Weg in die Unterwelt weisen kann. Dort möchte er den toten Vater Anchises über die Zukunft befragen. Jedoch hat unterdessen eine dritte Dame, die ihn ebenfalls an der Küste gesehen hatte, Sibylle von Aeneas Besuch in Kenntnis gesetzt und so begegnet sie ihm vorerst abweisend. Um dennoch in die Unterwelt zu gelangen, bemüht sich Aeneas mit einem Opfer, Apoll anzuflehen, doch plötzlich besinnt sich Sibylle und gibt ihm die notwendigen Hinweise, um den Weg in die Unterwelt zu finden. Nachdem er verschwunden ist, macht sie selbst sich über die Opfergaben – eine Flasche Apfelwein und ein Glas Frankfurter Würstchen – her.
Im dritten und letzten Teil erlebten die Zuschauerinnen und Zuschauer Aeneas Aufenthalt am Ziel seiner Bemühungen – der Unterwelt. Nach Begegnungen mit mythischen Helden wie Tantalos und Sysiphos trifft er nach einigen Verständigungs-Schwierigkeiten endlich doch auf seinen Vater, der ihm die benötigten Auskünfte über die Zukunft gibt und den Weg aus der Unterwelt zurück weist.
Die außergewöhnliche Aufführung erntete von den Zuschauern viel Applaus und die Mitwirkenden, die teilweise sowohl schauspielerisch als auch musikalisch tätig waren, waren stolz darauf, einen solchen Abschluss ihrer Bemühungen gestaltet zu haben. Zum Dank gab es im Anschluss ein von den Eltern organisiertes Buffet, an dem sich alle noch einmal stärken konnten, auch die, die schon beim Anblick der Opfergaben des Aeneas Appetit bekommen hatten.
Großer Dank gilt auch Herrn Dr. Bartel, der die instrumentelle Begleitung der Musical-Stücke geleitet und selbst komponiert hat. Insgesamt war „Aeneas in orco“ - in der Tradition der bereits bekanten Theater-Projekte von Herrn Glückert - für die Schülerinnen und Schüler eine gute Erfahrung im Umgang mit dem Lateinischen und ein Hauch Leben für die sonst meist als „tot“ bezeichnete Sprache.
Vielleicht haben die Mitwirkenden ja ein wenig Bühnen-Luft geschnuppert und man sieht sie bald in einer der größeren Theater-Aufführungen an unserer Schule: Schließlich sind auch für die Zukunft weitere Projekte geplant, die Schauspiel, Gesang und Instrumental-Musik umfassen.
Text: Jonatan Steller
Fotos: Menghi Zhu, R. Winter-Stein, Jonatan Steller