Steffen Reiche zu Besuch am HvGG: „Ich wünsche euch, wacher zu sein und tiefer zu träumen als andere.“
Anlässlich des 25. Jahrestages der Deutschen Einheit besuchte Steffen Reiche, ein DDR-Bürgerrechtler, das Heinrich-von-Gagern-Gymnasium.
Nach der Begrüßung durch unseren Schulleiter Herrn Mausbach stimmte Herr Paulsen die SchülerInnen der Q3 und Q1 durch zwei kurze Filmsequenzen zum Mauerfall und der Wiedervereinigung aus den Jahren 1989/1990 auf das Gespräch ein.
Steffen Reiche, geboren 1960 in Potsdam, studierte in der DDR Theologie. Ein Besuch in den Westen in den 1980er Jahren im Rahmen eines kirchlichen Austauschs machte ihm klar, dass er gegen die Missstände in seinem Land aufbegehren will. Durch die Aufdeckung der Wahlmanipulationen bei der Kommunalwahl im Mai 1989 verstärkte sich bei ihm der Wunsch nach Veränderungen. Er berichtete auch von den friedlichen Protesten im Rahmen der Montagsdemonstrationen, die es der DDR-Führung unmöglich gemacht haben, mit Gewalt zu reagieren, und verglich diese mit den friedlichen Protesten von Mahatma Gandhi und Martin Luther King. Diese Proteste zeigten, dass auch auf friedlichem Wege Veränderungen möglich seien.
Im Oktober 1989 war Steffen Reiche maßgeblich an der Gründung der SPD in der DDR beteiligt und konnte daher von der immer stärker werdenden Bürgerrechtsbewegung berichten. Nach den ersten freien Wahlen im März 1990 war er Mitglied der Volkskammer und in den Jahren nach der Wiedervereinigung Minister in Brandenburg. Von 2004 bis 2009 hatte er ein Bundestagsmandat. Seit seinem Rückzug aus der Politik im Jahr 2009 ist er wieder als Pfarrer tätig.
Ihm ist es wichtig zu betonen, dass er den Begriff „Mauerfall“ ungeeignet findet. Vielmehr sollte angesichts der aktiven Beteiligung der Bevölkerung von „Mauerdurchbrechung“ die Rede sein. Die Wiedervereinigung sei ein Glücksfall für Deutschland, Europa und die Welt gewesen.
Im anschließenden Gespräch mit den SchülerInnen fordert er diese dazu auf, für die Politik der Zukunft Visionen zu haben, auch die Wiedervereinigung sei bis kurz zuvor kaum denkbar gewesen. Entsprechend sei es wichtig, wacher zu sein und tiefer zu träumen als andere.
Wir danken Herrn Reiche und Herrn Oettinghaus (Evangelische Allianz Frankfurt am Main), die dieses Gespräch möglich gemacht haben.